Schicht- oder Blattsilikate und silikatische Tonminerale (Phyllosilikate)

Erweitert man das Band der Bandsilikate an den Rändern mit weiteren SiO2-Pyramiden (Tetraedern) zu einer Fläche, so gelangt man zur Struktur sogenannter Schicht- oder Blattsilikate.

Schichtsilikat/Blattsilikat Muskovit
Schichtsilikat/Blattsilikat Muskovit, Darstellung der Atome links (rot: Si, blau: O) und der sich daraus ergebenden Silikattetraeder (rechts)  (Bild: Wikimedia User Bubenik)

Schichtsilikate bestehen aus bis zu vier solcher übereinander liegenden Flächen. Diese Flächen sind jedoch nicht direkt miteinander verbunden, sondern über Sauerstoffatome oder Oktaederschichten in denen  Aluminium- Magnesium, Eisen und Kalium- Atome die Zentren der Oktaeder darstellen können. Die Ecken der Oktaeder bestehen aus OH -Ionen.

Die molekulare Struktur des Dreischichtsilikats Montmorillonit
Die molekulare Struktur des Dreischichtsilikats Montmorillonit (Bild: Wikimedia User AndreasTreptes)
Montmorillonit in Quarz
Montmorillonit in Quarz, White Queen Mine, Hiriart Mountain, Pala District, San Diego County, California, USA (Bild: Wikimedia User Rob Lavinsky)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zu dieser Abteilung der Silikate zählen bedeutende  Gruppen gesteins- und bodenbildender Minerale wie z. B. Minerale der

Chloritgruppe (Fe,Mg,Al,Zn)6(Si,Al)4O10(OH)8,

Kaolinit Al4[(OH)8|Si4O10],

Minerale der Serpentingruppe (Mg,Fe,Ni)3Si2O5(OH)

Glimmergruppe, allgemeine Formel der Glimmergruppe:

D G2,3 [T4 O10] X   in dieser Formel bedeuten:
  • D: 12-fach koordinierte Kationen (K, Na, Ca, Ba, Rb, Cs, NH4+)
  • G: 6-fach koordinierte Kationen (Li, Mg, Fe2+, Mn, Zn, Al, Fe3+, Cr, V, Ti)
  • T: 4-fach koordinierte Kationen (Si, Al, Fe3+, B, Be)
  • X: Anion (OH, F, Cl, O2−, S2−)

Einige Mineralien aus diesen Gruppen sind typische Tonminerale.

Tonminerale sind grundsätzlich definiert als Minerale, die überwiegend feinstkörnig sind mit Korngrößen kleiner als 2 µm besitzen und tonbildend sind. Darunter sind Minerale, die  keine Silikate sind, z.B. Oxide wie  Goethit oder Hydroxide wie Gibbsit. An dieser Stelle wird nur auf silikatische Tonminerale eingegangen die zu den Blatt- oder Schichtsilikaten zählen und nach ihrer flächigen Kristallstruktur aus SiO4 -Tetraedern benannt sind. Andererseits gibt es Schichtsilikate, wie etwa Kaolinit, die oft größer als zwei Mikrometer sind und dennoch tonartige Böden bilden. Diese zählt man trotzdem zu den Tonmineralien, das sie tonige Böden bilden, die Definition ist also nicht eindeutig.

Tonminerale entstehen durch Verwitterung von gesteinsbildenden Mineralen oder Gläsern oder bilden sich neu aus übersättigten Bodenlösungen oder hydrothermalen Wässern. Bei der Diagenese kommt es zu Ordnungsprozessen im Kristallgitter der Tonminerale, die als Maß für die Reife eines Sediments verwendet werden kann.

Je nach dem wie viele Schichten insgesamt aufeinder liegen unterscheidet man:

  • Zweischicht-Tonminerale: Tetraederschicht-Oktaederschicht, zum Beispiel Kaolinit oder Chrysotil
  • Dreischicht-Tonminerale: Tetraederschicht-Oktaederschicht-Tetraederschicht, zum Beispiel Illit, Smectit oder Vermiculit
  • Vierschicht-Tonminerale: Tetraederschicht-Oktaederschicht-Tetraederschicht-Oktaederschicht, zum Beispiel Chlorit
Grünschiefer mit Mineralkomponenenten
Grünschiefer mit Mineralkomponenenten mit grüner Färbung, wie Chlorit, Epidot, Aktinolith, grüner Granat u.a. (Bild: Wikimedia User Siim Lizenz CC BY-SA 3.0)

In Zweischichtsilikaten wie Serpentin liegt eine Silikatschicht und eine Oktaederschicht aufeinander, die über die gemeinsamen Sauerstoffatome miteinander verbunden sind. In Dreischichtsilikaten wie die Glimmer Biotit und Muskowit liegt eine Oktaederschicht zwischen zwei Silikat-Tetraederschichten, insgesamt also liegen drei Schichten aufeinander. Es entstehen daher Strukturen in Form feiner Blättchen. Zweischichtsilikatblättchen werden lediglich durch schwache elektrostatische Kräfte (Van der Waals-Kräfte) zusammengehalten. Bei Dreischichtsilikatblättchen sind dies Ionenverbindungen.

Beim Zweischichtsilikat Chrysotil, einer Varietät des Serpentin und bei Aktinolith passt das Kristallgitter der Silikatschicht nicht zwanglos auf die Oktaederschicht. Es treten dabei Spannungen auf, die durch ein Einrollen der biegsamen Blättchen zu Röllchen ausgeglichen werden, vergleichbar mit dem Verbiegen eines Bimetallstreifens bei Erhitzung. Chrysotil erscheint daher in Form feiner dicht aneinanderhängender Fasern, die leicht voneinander trennbar sind. Das Mineral ist auch unter dem Namen Chrysotil-Asbest oder Weißasbest bekannt. Die Fasern sind spinnbar und nicht brennbar. Aus ihr werden daher u.a. feuerfeste Textilien hergestellt.

Ökologische Bedeutung der Tonminerale

Einige Tonminerale mit besitzen die Fähigkeit zur Quellung, das heißt zur vorrübergehenden und reversiblen Aufnahme von Wasser in ihren Zwischenschichten. Sie spielen dadurch eine wichtige Rolle für die Feuchtigkeitsspeicherung von Böden und damit auch für ihre Fruchtbarkeit. Tonminerale spielen daher als Bodenverbesserer in trockenen Böden eine wichtige Rolle.

Sehr wichtig für die Funktionalität von Boden und der Versorgung der Pflanzen mit Nährstoffen ist die Eigenschaft von Tonmineralien als Ionentauscher. Die Ionen, die an den Oberflächen der Silikat-Tetraederschichen zwei dieser Schichten direkt verbinden oder jene, die als Zentren der verbindenden Oktaederzwischenschichten fungieren, sind austauschbar. Auch jene Ionen die sich an den Grenzen und auf den Oberflächen des Mineralblättchens befinden.
Das heißt Sie können an die Bodenlösung abgegeben werden und damit von Pflanzen aufgenommen werden.  Letztere scheiden im Wesentlichen H+– und HCO3-Ionen aus, die bei der Zellatmung (CO2 + H2O H2CO3 H+ + HCO3) entstehen, geben sie an die Bodenlösung ab und nehmen im Austausch dafür entsprechende Mengen von Anionen (z.B. NO3) oder Kationen (z.B. Ca2+, Mg2+, K+ oder Na+) aus der Bodenlösung auf. Die Bodenlösung wiederum interagiert mit den Austauschern.
Die Funktion des Bodens als Ionenaustauscher ist eine wesentliche Voraussetzung für die Versorgung der Pflanzen mit Nährstoffen.

Dreischicht- Tonminerale besitzen eine bessere Fähigkeit Ionen auszutauschen (Austauschkapazität) als Zweischicht- Tonminerale und können daher mehr Nährstoffe wie Kalium (K+) – oder Ammoniumionen (NH4+ ) an Pflanzen abgeben, während sie die von den Wurzeln abgegebenen Hydronium (OH)- Ionen an deren Stelle in ihrer Zwischenschicht einlagern.

Tonminerale sind sehr weich (Mohs-Härte 1) und bilden durch Ihre geringe Körnchengröße im feuchten, gequollenen eine modellierbare Masse, die sich durch Erhitzen in härtere und festere Minerale umwandelt (Keramik). Tonminerale haben eine geringe Wasserdurchlässigkeit und spielen in Form von Ablagerungen geologisch eine Rolle als Stauhorizont.

Allgemeine Verwendung von Tonmineralien

Älteste Rohstoff für die Herstellung von Keramik.
Als Bestandteil von Lehm für die Herstellung von Ziegeln.
Verwendung neben Kalkstein zur Produktion von Zement.
In Ihrer Eigenschaft als Ionenaustauscher bei der Säuberung von Trinkwasser und anderen Lösungen in Chemie und Technik.
Kaolinit in der Papierindustrie als Appreturmittel. Er glättet die Oberfläche und nimmt Tinte auf.
Montmorillonit wegen seiner Wasseraufnahmefähigkeit als Katzenstreu.
Blähton (stark porös gebrannter Ton) dient als isolierender Baustoff und für die Hydrokultur.
Tone dienen als Abdichtung in Deponien, sind Füll-, Trenn-, und Zuschlagstoffe in Farben, Lebensmitteln und pharmazeutischen Produkten oder werden als Katalysatoren eingesetzt.