Gips

Gips und Anhydrit
Marienglas, Fraueneis, Selenit, Fasergips, Alabaster, Gipsspat, Gipsstein, Gipsgestein, Wüstenrose, Sandrose,
Gipsasbest

Chemische Formel: Ca(SO)4 . H2O
Mohshärte: 1,5 – 2
Spez. Gewicht: 2,2 – 2,4
Kristallsystem: monoklin-prismatisch
Strich: weiß bis leicht getönt
Bruch: muschelig,
sonstige Eigenschaften: unelastisch, biegsam
Spaltbarkeit: vollkommen

Besitzt man ein interessiertes Auge gegenüber Gesteinen, so kann man in gipshaltigen Böden oder Gesteinen manchmal ein starkes Glitzern feststellen. Bei näherer Betrachtung entpuppen sich diese Glitzersteinchen als kleinere bis große, oft sehr ansehnliche Kristalle. Es handelt sich dabei um Gipskristalle. Das Mineral Gips tritt als Gestein sowie als Mineral auf. Gips nimmt in dieser Hinsicht eine Sonderstellung ein: Fast alle Gesteine setzen sich nach Definition aus verschiedenen Mineralien zusammen. Als Gestein spielt Gips deshalb eine besondere Rolle, da es aus nur einem einzigen Mineral besteht. Es wird in der Fachsprache neben Steinsalz (Halit), Anhydrit und anderen Salzgesteinen als monokristallines Gestein bezeichnet. Das Mineral sowie das Gestein besteht im wesentlichen aus Calziumsulfat mit eingelagertem Wasser. In der chemischen Formel des Gips wird dies deshalb als H2O, also Wasser angegeben. Dies ist natürlich nicht so zu verstehen, als wäre das Wasser in seiner flüssigen Eigenschaft in dem Mineral eingeschlossen. Das Wassers ist kristallin, also chemisch gebunden in das Kristallgitter eingebaut.
Alabaster ist eine besonders dichte und feinkörnige Varietät des Gipsgesteins. In Italien (Toskana) wird der oft reizvoll marmorierte Stein zu Gebrauchsgegenständen sowie im Kunstgewerbe als Material für die Bildhauerei verwendet. Wegen seiner geringen Härte ist der Stein leicht zu bearbeiten. In der Mohsschen Härteskala steht Gips nach Talk mit der Härte 2 an zweiter Stelle und gehört zu den weichsten vorkommenden Mineralien. Er kann mit dem Fingernagel geritzt werden. Dies ist wohl auch das wichtigste Indiz zur Erkennung des Minerals.
Neben einer erdgeschichtlichen hat Gips heute auch eine große industrielle Bedeutung.

Entstehung von Gips in der Erdgeschichte

Vor 290 Millionen Jahren entwickelt sich das feucht warme Klima des Karbon allmählich zu einer den Globus umfassendenen Trockenperiode hin. Im Perm werden riesige Flächen der Erde zu lebloser Wüste. Dieser einschneidende Klimawechsel führt zu einem umfangreichen Artensterben in der Tier-und Pflanzenwelt. Zahlreiche Organismen an Land und in den Meeren verschwinden für immer von dieser Welt. Mit dieser Katastrophe endet die 340 Millionen Jahre andauernde Ära des Erdaltertums oder Paläozoikums und leitet das Mesozooikum oder Erdmittelalter ein..
Durch den Rückzug der Ozeane trocknen mehr oder weniger abgeschnürte Meeresbuchten und Meereslagunenbereiche allmählich aus. Durch die hiermit verbundene Übersättigung des Meerwassers fallen bis dahin im Meerwasser gelöste Salze, unter anderem Gips aus, sinken auf den Meeresgrund und bilden im Laufe der Zeit durch Verfestigung mächtige Gesteinsschichten. Die wichtigsten Salzlagerstätten entstehen in diesem Zeitraum größter Trockenheit und Dürre in Europa, Nordamerika und Asien. Permische Salzgesteinen des Rotliegenden und des Zechsteins sind heute fast weltweit verbreitet. In der Trias setzt sich dieser Trend fort, und gipfelt mit der Entstehung des Gipskeuper vor ca. 220 Mio. Jahren. Aus 1000 Metern Wassersäule werden etwa 15m Salzsäule ausgeschieden. Dies macht deutlich, daß zur Entstehung von mehreren 100m bis zu über 1000m mächtigen Gipsschichten, wie sie in England und Irland vorkommenden, eine ständige Wasser-, und damit Salzzufuhr aus dem offenen Meer nötig ist. Meeresbuchten, die durch Austrocknen derartig mächtige Salzschichten hinterließen, mußten also noch für lange Zeiträume mit dem offenen Meer in Verbindung gestanden haben, bevor sie endgültig nach einem Übergangsstadium als Binnenmeer in einer Salzwüste enden. Gips setzt sich an zweiter Stelle nach Kalkgestein, vor Steinsalz und Anhydrit nach der Löslichkeit der Salze am Meeresgrund ab. Obenauf liegen die zuletzt ausgefällten, sogenannten Abraum- oder auch Edelsalze. Diese, vorwiegend Kaliumsalze, werden heute in Form von Kainit, Karnallit, Kieserit, Polyhalit, Sylvin u.a. im wesentlichen zur Herstellung von Dünger abgebaut.
Die Reihenfolge dieser Ausfällung entspricht dem Idealfall, der ohne weitere „störende“ Einflüsse die Vorgänge der Salzlagerstättenbildung nach chemischen Gesetzmäßigkeiten logisch zu erklären vermag. In der Natur ist dieser Idealfall nicht immer anzutreffen. Vor allem alleinige Vorkommen von Kaliumsalzen stellen die Wissenschaft vor ein Rätsel. Da sie ja mit der besten Löslichkeit als letztes ausgefällt werden, muß man nach dem Verbleib der restlichen Bestandteile des Meerwassers fragen. Die Antwort der Wissenschaft darauf erschöpft sich oft in komplizierten Theorien.
Gips gehört zur Gruppe der Evaporite oder Eindampfungsgesteine und als Ablagerung zu den Sedimentiten oder Sedimentgesteinen.
Im Zeitraum des Perm und Trias entstehen die großflächigsten und mächtigsten Gipsablagerungen der Erdgeschichte. Der lebensfeindlichen Trockenheit also verdanken wir riesige Gipslagerstätten der Erde aber auch große Flächen relativ unfruchtbaren Landes, da Gipsgestein sehr stark zur Austrocknung neigt. Heute findet man großflächig aufgeschlossene Gipsgesteinssedimente nur dort, wo trockenheiße Klimate herschen und das weiche und auch leichte Gestein nicht der Wassererosion durch Verschwemmung und Lösung zum Opfer fällt. Der Begriff Gips verbindet sich somit fast ausschließlich mit Trockenheit. (Außer dass er Wasser im Kristall enthält.)
Ein dem Gips verwandtes und in chemischer Zusammensetzung und Aussehen fast identisches Mineral ist der oben erwähnte Anhydrit. Im Gegensatz zu Gips besteht Anhydrit aus reinem Calziumsulfat, ohne gebundenes Kristallwasser. Daher ist er auch etwas härter (3 – 3,5).
Gips entsteht sekundär durch Aufnahme von Wasser auch aus Anhydrit. Umgekehrt kann Anhydrit auch aus Gips entstehen. Durch das Gewicht der sich im Lauf der Zeit auf einer Gipslage ablagernden Sedimentschichten und den dadurch entstehenden Druck wird das Kristallwasser förmlich aus dem Gips herausgedrückt und es entsteht Anhydrit.
Abgesehen von der Entstehung von Gips durch chemische Ausfällung in den Ozeanen entsteht Gips auch bei der
Verwitterung von sulfathaltigen Sedimentgesteinen. Zu guter letzt auch durch Vulkanismus. Bei der Reaktion schwefeldioxid (SO2)-haltiger Gase mit heißer Calzium-haltiger Lava entsteht Gips. Allerdings in weit geringerem Umfang.

Kristallformen

Gips ist sehr vielgestaltig und tritt in verschiedenen Erscheinungsformen auf. Die Kristallformen des monoklinen Kristallsystems des Gips können prismatisch-tafelig, säulenförmig, und wie bei Fasergips, faserig-nadelig sein. Letzterer wird auch Gipsasbest genannt und besteht aus feinsten biegsamen Nädelchen. Auch innerhalb der genannten Kristallformen variiert das Erscheinungsbild des Gips sehr stark und führt immer wieder zu Überraschungen, wenn sich skurrile Kristallformen auf Mineralienbörsen bei Nachfrage als Gips herausstellen .
Häufig sind Zwillingsbildungen. Bei der bekannten Sand- oder Wüstenrose verwachsen tafelige Kristalle durch Bildung von Durchdringungszwillingen zu rosettenartigen, schönen Gebilden. Die schönsten
Wüstenrosen stammen aus Marokko. Bei der Ausbildung von Berührungszwillingen entstehen sogenannte Schwalbenschwanzzwillinge, da sie schwalbenschwanzförmige Enden besitzen.

Namen und Überlieferung

Der Name entstammt dem griechischen Wort für Gips gypsos.
Gipsabdrücke wurden von den Griechen und Römern schon 500 vor Chr. angefertigt.
Die Bezeichnung der dichten Gipsvariante Alabaster geht auf einen 300 Jahre vor Chr. nahe der ägyptischen Stadt Alabastron gelegenen Fundort zurück. In Zeiten, in denen es noch kein Fensterglas gab, wurden durchsichtige, tafelige Gips- und Anhydritplatten als Schutzscheibe vor Marienbildern verwendet, daher der Name Marienglas oder Fraueneis. Die schönsten Kristalle dieser Art stammen aus Italien (Toskana), Spanien (Cartagena) und Mexiko.
Das Element Selen tritt in kleinen Mengen als „Verunreinigung“ in Gips und anderen Sulfiden auf. Als reines
Element kristallisiert Selen in weichen Fasern aus und ähnelt somit dem Fasergips. Von welcher dieser Eigenschaften sich der Name Selenit für Gips ableitet ist nicht ganz klar. Ebenso von der möglichen faserigen Struktur des Gips kommt der Begriff Gipsasbest. Das aus Silikatnadeln (SiO2) bestehende, aus der Verwittwerung von Serpentin hervorgehende Mineral Asbest ähnelt äußerlich sehr dem Fasergips.

Esoterik

In der Esoterik wird gut entwickelten Gipskristallen wie Sandrosen, tafeligen Marienglaskristallen und Ähnlichen eine heilende, wohltuende und vorbeugende Wirkung besonders auf Geschlechtsorgane Eierstöcke und Hoden zugeschrieben. Große Kristalle in der Umgebung aufgestellt sollen vor Krebsleiden dieser Organe schützen. Bei Schwangerschaft soll Gips Übelkeit und Breichreiz lindern, Wasseransammlungen im Gewebe verhindern und starken hormonellen Schwankungen Einhalt gebieten. Als Tee (Lösung) genossen schütze Gips vor Mineralmangel und liefere durch seinen Calziumreichtum wichtige Bestandteile für den Knochenaufbau des Kindes im Mutterleib und auch nach der Geburt. Auch Fettsucht soll durch Gips heilbar sein.
Klare Kristalle sollen anregend und klärend auf die Psyche wirken und damit positiv auf die Vitalität und Kreativität einwirken.
Beim Bau des Engelberger Tunnels bei Stuttgart in den letzen Jahren kamen Alabasterlinsen ans Tageslicht. Genauere Untersuchungen haben ergeben, daß diese Linsen die seltenen Elemente Ytterbium und Radium enthalten.

Industrielle Bedeutung

Bei 120°C gibt Gips etwa die Hälfte seines Wassergehaltes ab und es entsteht daraus gebrannter Gips.
Gibt man wieder Wasser hinzu, quillt er unter Bildung feiner verfilzter Kriställchen auf und verfestigt sich. Man spricht vom Löschen des Gipses. Diese Eigenschaft macht Gips heute unentbehrlich als Baumaterial im Innenausbau, z.B. für Stuck, Estrich, Putz, Kitt, Bindemittel und Leichtbauplatten. Außerdem findet er Verwendung in der Medizin, Technik, beim Modellbau und in der Kunst. Aus Anhydrit wird großtechnisch Schwefelsäure und Dünger (Ammoniumsulfat) hergestellt.

Vorkommen

weltweit; Europa, Australien, GUS-Staaten, Kasachstan, Ukraine/Kaspissenke, Marokko, Tunesien, Mexico, Nordamerika (Texas), Chile
Wichtigste Vorkommen in Europa: England, Irland, Österreich (Kärnten, Salzburg), Toskana/Italien (Alabaster),
Frankreich, Wallis/Schweiz, Cartagena/Spanien
Die wichtigsten Lagerstätten in Deutschland: Staßfurt /Harz, Ostrode /Harz, Raum Nordhausen / Harz, Raum Pößneck und Erfurt/Thüringer Becken, Celle/Niedersachsen, Oberpfalz/Bayern, Berchtesgaden/Bayern

Wissenswertes
Grazile, säulenförmige Gipskristalle findet man in Salzbergwerken, wo sie mitunter auf alten, feuchten und salzdurchtränkten Holzbalken wachsen, die als Stützmaterial des Stollens den Abbau von Salz mancherorts bereits vor mehreren tausend Jahren belegen.
Anhydritschichten sind beim Stollen und Tunnelbau gefährlich,
da sie durch Quellen bei der Wasseraufnahme ihr Volumen vergrößern und so die Stollen eindrücken können.
Tip: Das Knauff-Museum in Iphofen/fränkisches Weinland zeigt aus Gips nachgebildetet Kunstwerke der Weltkulturen aus 5 Jahrtausenden.