Serpentin

(Serpentin – Gruppe)

Chemische Formel: X2-3(OH)4(Y2O5)

X kann sein:  Mg, Fe2+, Fe3+, Ni , Al, Zn, oder Mn.
Y kann sein: Si, Al, Fe

Mohshärte: 3 – 4

Spezifisches Gewicht: 2,5 – 2,6

Kristallsystem: monoklin, triklin, rhombisch und hexagonal

Strich: weiss bis weisslichgrün, seltener auch andere Farben.

Bruch: muschelig, mild, splittrig

Spaltbarkeit: variabel: fehlend bis vollkommen

Glanz : Fettglanz, Wachsglanz, Seiden- oder Perlglanz

Farbe: farblos, weiss, grün bis grüngelblich, schwarz, rot, braun, gefleckt, geflammt

Sonstige Eigenschaften: durchscheinend bis opak, nicht schmelzbar, biegsam und elastisch

Serpentin ist ein polymorphes Mineral, d.h. es tritt durch unterschiedliche Entstehungsbedingungen mit einer Reihe unterschiedlicher Modifikationen auf, die alle sehr ähnliche chemische Zusammensetzung besitzen. Man spricht  auch von den Mineralen der Serpentin-Gruppe. Seine gute Bearbeitbarkeit aufgrund seiner geringen Härte ist den Menschen bereits seit der Steinzeit bekannt.

Namen und Bedeutung

Der Name leitet sich aus dem Lateinischen „serpentinus“ ab und bedeutet „schlangenartig“, weil Serpentin im Gestein oft als, sich schlängelnde Mineraladern erscheint. Für das, in großem Maße serpentinhaltige Gestein Serpentinit oder Serpentinfels wird oft, vor allem im Natursteinhandel ebenfalls die Bezeichnung Serpentin verwendet. Vor Verwechslungen ist daher Vorsicht geboten. Als Edelserpentin werden massive Ausbildungen von grünen bis gelbliche Serpentinmineralen, meist Antigorit bezeichnet. Es kann sich auch um dichte Aggregate verschiedener Serpentine handeln. In diesem Zusammenhang sind die Antigorit-Varietäten Williamsit und Bowenit von Bedeutung. Edelserpentin wird wird im Handel oft als Jade, oder unter dem Namen China-Jade angeboten.

Entstehung
Große Mengen an Serpentin entstehen durch die Umwandlung  des Minerals Olivin, das vorwiegend in dunklen, ulrabasischen, magmatischen Tiefengesteinen
vorkommt. Olivin ist Hauptgemengteil im dunkelgrünen Peridotit. Dunit ist ein Gestein, das fast ausnahmslos aus Olivin besteht. Durch die Umwandlung dieser und anderer olivinreicher  Gesteine entsteht unter dem Einfluß von hydrotheralem Wasser das Gestein Serpentinit, auch Serpentinstein oder Serpentinfels genannt. Es ist sehr reich an verschiedenen Serpentinmineralen, aber auch andere Minerale wie Olivin, Augit, Hornblende, Talk u.a. sind vorhanden. Aus der Umwandlung von Dunit kann entsprechend reiner Serpentin entstehen.  Den Vorgang der Serpentinbildung nennt man Serpentinisierung. Er geht meist von Spalten und Rissen im Gestein aus, die sich mit Serpentin füllen. Dadurch kommt die typische schlängelnde Maserung im Gestein zustande. Auch innerhalb der Grünsteinfazies, die durch niedriggradige bis mittelgradige Metamorphose aus ultrabasischen Gesteinen, basischen Vulkaniten wie Pikrit, Tuffen und Mergeln entsteht, bildet sich bei Untersättigung an Kieselsäure aus magnesiumreichen Ausgangsprodukten Serpentinit. Mergel sind oftmals dolomitisiert, dies bedeutet, dass vorhandener Kalk (Ca(CO3) zu Dolomit (CaMg(CO3)2) umgewandelt ist. Im Dolomit befindet sich mitunter das zur Bildung von Serpentin nötige Magnesium.

Kristallstruktur

Serpentine treten in rhombischer, monokliner und triklinen Kristallen auf.
Sie gehören zu den Schichtsilicaten, genauergenommen zu den Zweischichtsilikaten und besitzen damit eine Struktur aus zwei unterschiedlicher, übereinanderliegenden  Schichten. Eine der beiden Schichten wird aus pyramidenförmigen SiO4-Tetraedern gebildet, die andere Schicht ist aus Oktaedern mit Hydroxid (OH-)-  und meist Magnesium (Mg2+) -Ionen zusammengesetzt. Beide Schichten sind über gemeinsame Sauerstoffatomemiteinander verbunden. Vereinzelte Magnesiumionen werden durch Ionen von Eisen, Nickel Aluminium, Zink oder Mangan-Ionen ersetzt. In Einzelfall wird Magnesium auch komplett durch ein anderes Metall ersetzt, z. B. beim Nickelserpentin Nepouit (Ni3 (OH)4 Si2O5 ). Auch eines der beiden Siliziumatome kann durch Eisen oder Aluminium ersetzt sein. Lagig übereinanderliegende Schichten, wie sie auch bei anderen Schichtsilikaten auftreten, sind durch nur schwache elektrostatische Anziehungskräfte (Van der Waals-Kräfte) miteinander verbunden. Aufgrund der Größe des Magnesiumions in der Oktaederschicht des Serpentins passen die Gitterabstände innerhalb der zwei Schichten nicht genau übereinander. Es tritt Spannung zwischen den Schichten auf, die durch Krümmung in eine Richtung  ausgeglichen wird . Dieser Vorgang ist vergleichbar mit der Krümmung eines Bimetallstreifen, bei dem sich durch Erwärmung zwei unterschiedliche Metallschichten verschieden stark ausdehnen. Die blattartigen Silikatstrukturen können durch diese Kraft sogar vollständig einrollen, mindestens aber ist die Blattsruktur leicht verdreht. Die Oktaederschicht befindet sich bei diesen Röllchen aussen, die Tetraederschicht auf der Innenseite. Auch wellige Formen treten auf. Dies kommt dadurch zustande, dass die Tetraederschicht abschnittweise umgeklappt ist. Die Tetraederschicht bleibt dabei zusammenhängend erhalten, wobei die Spitzen der Tetraeder abschnittsweise in die andere Richtung zeigen. Die Oktaederschicht allerdings wird abschnittweise unterbrochen und befindet sich mal oberhalb und mal unterhalb der Oberfläche der Doppelschicht- Silikatblättchen.

Varietäten des Serpentin

Im wesentlichen treten drei häufige Varietäten des Serpentin mit ähnlicher chemischer Zusammensetzung auf: Lizardit, Antigorit und Chrysotil.

In der hexagonalen Struktur des Lizardit (Mg3 (OH)4(Si2O5) )sind die Tetraederschichten-Schichten eben und auch nicht abschnittweise (wie bei Antigorit) umgeklappt. Die Blattstruktur ist aber um 3.5° verdreht. Lizardit kommt in den Farben weiss, grün bis grünblau und gelb vor. Häufig sind weissliche feinschuppige, massige Aggregate Er ist durch scheinend und hat eine Härte von 2,5. Seine Spaltbarkeit ist unvollkommen. Zur Lizardit- gruppe gehört neben einigen anderen auch Numeait:

Numeait ( Ni3(OH)4(Si2O5) )  auch Garnierit oder Nepouit genannt, ist ein blaßgrüner bis tiefgrüner Nickelserpentin mit rhombischem Kristallsystem. Er bildet blättrige und  pseudohexagonale, durchscheinende Kristalle mit weisslichgrünem Strich und guter Spaltbarkeit. Aggregate sind feinblättrig oder feinfilzig mikrokristallin mit Glasglanz und Wachsglanz. Derbe Aggregate besitzen einen muscheligen Bruch und Fettglanz. Der Name Nepouit geht auf seinen Fundort (Nepoui Mine) in Neukaledonien zurückgeht. Neben aus niedriggradiger bis mittelgradiger Metamorphose von ultrabasischen Gesteinen hevorgegangenen Metamorhiten kommt er auch in nickelführenden Lateriten vor.

Antigorit ( (Mg,Fe2+)3(OH)4 (Si2O5) ) ist mit Chrysotil einer der zwei am häufigsten vorkommenden  Serpentin -Varietäten. Er ist dicht blättrig ausgebildet, wobei die Silikatblättchen durch umgeklappte Tetraederschichten gewellt sind. Er kommt häufig als Kluftfüllung vor. Derartige Ausbildungen werden dementsprechend als Kluftantigorit bezeichnet. Seine Härte beträgt 3-4. Er tritt in den Farben gün, grau bis bläulichgrau, braun oder schwarz auf. Er kann auch stärker eisenhaltig sein. Antigorit ist ein eigenständiges Mineral der Serpentin Gruppe. Der Name wird häufig auf dichte, dünnblättrige, kompakte Kristalle aus der Serpentingruppe übertragen.

Amesit  (Mg/Al)3(OH)4(Si2O5)  ) ist ein weisser oder hell- bis dunkelgrüner Serpentin mit Perlglanz. Der Name geht auf James Ames, einen Minenbesitzter zurück. Er ist durchsichtig bis durchscheinend und kann neben Magnesium auch Aluminium enthalten. Die Struktur ist blättrig mit vollkommener Spaltbarkeit. Seine Härte beträgt 2,5 -3 und sein Kristallsystem ist triklin. Zur Amesitgruppe gehören unter anderem Fraipontit und Kronstedtit:

Fraipontit ( (Zn/Al)3(OH)4(Si/Al)2O5)  ) ist ein bläulich- bis gelblichweisser oder grüner Serpentin mit feinfaseriger Struktur und Seidenglanz. Er bildet porzellanartige, krustige Aggregate im trigonalen Kristallsystem.Er ist durchscheinend bis opak und eine Dichte von 3,5 und eine Härte von 2,5. Die Spaltbarkeit ist vollkommen.
Fraipontit entsteht bei der Verwitterung von Smithsonit ( Zinkspat, ZnCO3), einem Zinkerz.

Kronstedtit (  (Fe2+/Fe3+)2-3 (OH)4(Si2O5 ) ) ist ein Eisenserpentin mit 2- oder 3 wertigem Eisen in dunklen Farbtönen von braun bis schwarz und grünschwarz mit gut ausgebildeter Spaltbarkeit. Im trigonalen Kristallsystem bildet er pyramidenförmige Kristalle mit glasigem bis harzigem Glanz. Auch radialstrahlige Formen kommen vor. Seine Dichte liegt um 3,3. Sein Strich ist im Gegensatz zum weissen Strich der meisten Mineralen aus der Serpentingruppe dunkel olivgrün.

Chrysotil ( Mg3 (OH)4(Si2O5) ) gehört mit Antigorit zu den zwei häufigsten Mineralien aus der Serpentingruppe.
Bei Chrysotil bewirken die Spannungkräfte in der doppelschichtigen Silikatstruktur ein Einrollen der Silikatblättchen. Er zeigt deshalb keine blättrige, sondern eine dichte, faserige Struktur, die etwas an Textilfaser erinnert. Er wird deshalb auch Bergflachs oder Bergleder genannt. Die einzelnen Silikatfasern sind sehr leicht voneinander trennbar.Weitere Bezeichnungen sind Serpentinasbest und Faserserpentin. Chrysotil kristallisiert meist im monoklinen, selten auch im orthorhombischen Kristallsystem.Entsprechen werden wiederum zwei Varietäten unterschieden:
Klinochrysotil (monoklin) findet man in den Farben weiss, gelb, rot und grün mit harzigem Glanz und Orthochrysotil (orthorhombisch) in bräunlicher, grau bis graubräunlichen und grünen Farbtönen mit Seidenglanz. Härte ( 2,5 -3) und durchschnittliche Dichte (2,6) sind in etwa gleich.  Chrysotil wird wegen der Ähnlichkeit des Namens oft mit Chrysolith, einem Mineral aus der Olivingruppe verwechselt.

Erdgeschichtliches

Bei der Entstehung von Faltengebirgen kollidieren die Ränder zweier Kontinentalplatten. Durch das dadurch bedingte schräge Absinken einer der Platten in in tiefere Erdschichten entsteht im Vorfeld des Kontinentalbereichs ein tiefer Meeresgraben, eine sogenannte Geosynklinale. Diese Störungszonen sind von intensivem Vulkanismus gekennzeichnet. Aus den Tiefen des Erdmantels dingt flüssiges Magma in die Erdkruste ein oder ergießt sich auf der Erdoberfläche. Es entstehen dabei  meist dunkelgrüne, basische Gesteine sogenannte Ophiolithe. Einige enthalten bereits Serpentin wie Pikrit und aus anderen geht er durch deren Metamorphose aus Olivin hervor, wie Peridotit. Die Serpentinitvorkommen von Bernstein beispielsweise stammen aus der Geosynklinalzeit der alpidischen Gebirgsfaltung, die vor etwa vor 200 Millionen Jahren begann. Gebirgsfaltungen treten in der Erdgeschichte periodisch auf. Man unterscheidet die alpidische, die variszische, die kaledonische, die assyntische und einige während des Präkambriums stattgefundene Gebirgsbildung.

Besonderheiten und Wissenswertes

Ein wichtiges Zentrum der Verarbeitung von Serpentin zu  Schmuck, Gefäßen und Kunstgegenständen entstand während des 16. Jahrundert in Zöblitz in Sachsen. Dort wurde die Innung der Serpentindrechsler gegründet. Prunkvolle, mit vergoldeten Silbermontierungen ausgestattete Humpen und Pokale aus Zöblitz  finden sich heute noch im berühmten grünen Gewölbe, der Kunstsammlung Augusts des Starken (seit 1730).
Heute ist Bernstein im Burgenland (Österreich) einer wichtigsten Orte der Edelserpentingewinnung und Verarbeitung in Europa. In diesem sonst serpentinitarmen Gebiet treten einige serpentinisierte Ophiolithstöcke zutage, die hochwertigen Edelserpentin beherbergen. Um einen Kubikmeter Edelserpentin zu gewinnen werden dort 1000 Kubikmeter Gestein abgebaut. Der Edelserpentin und daraus am Ort hergestellte Gegenstände werden auch unter dem Namen Austria-Jade in die ganze Welt verkauft, ist aber mit dem Mineral Jadeit (NaAl(Si2O6)) aus der Augit-Gruppe nicht identisch.

Esotherik und Überlieferung

Die Maoris in Neuseeland verwendeten den Serpentin als Talisman zum Schutz vor Dämonen. In Europa war  der Stein als Material für Fratzensteine oder Schreckensteine an Kirchentoren und als Amulett sehr beliebt. Dies waren aus dem Gestein geschnittene Fratzengesichter, die den Schrecken vertreiben sollten. Die Römer tranken aus Serpentin gefertigten Bechern. Diese sollten der Sage nach zerspringen, wenn sie mit Gift gefüllt waren. Auch wird dem Serpentin eine lindernde Wirkung gegen Gifte nachgesagt, z.B. bei Skorpionsbissen.
Allgemein soll er ausgleichend und entspannend wirken und bei Stimmungsschwankungen helfen. Er wird deshalb als Beschützer der Seele angesehen. Seine krampflösende Wirkung helfe auch bei  Magenproblemen, Muskelkrämpfen, Kopfschmerzen und Regelbeschwerden. Da er allgemein bei Stressymptomen eingesetzt wird, soll sich auch als guter Meditationsstein bewähren. Außerdem wird er bei Herzrhytmusstörungen und Nierenproblemen angewandt. Der Serpentin wird dem Sternzeichen Waage zugeordnet.

Vorkommen:

Serpentin ist ein sehr häufiges Mineral und kommt weltweit vor. Neben Antigorit, Chrysotil und Lizardit kommen einige  Serpentinvarietäten in Serpentinlagerstätten vor. Seltenere Varietäten sind auch anderweitig verbreitet. Große Mengen der Hauptserpentine findet man beipielsweise in Australien (auch Numeait),Tasmanien (auch Numeait), Kanada, in Neukaledonien (auch Numeait) in den USA (auch Amesit).
Nennenswerte Vorkommen in Europa sind am Olymp auf  Zypern, in Piemont in Italien, Snarum in Norwegen (Edelserpentin), in Cornwall in England (auch Kronstedtit) und in Russland (auch Numeait).

In Deutschland gibt es Serpentine imVogtland (auch Numeait), im Fichtelgebirge, in Harz und in der Eifel.

Chrysotil u.a. kommt in größerem Maße im bei Bad Harzburg im Harz und in der Westeifel vor.  Die wichtigste Asbestlagerstätte in Europa liegt in Belangero in Italien.Weltweit außerdem in Grönland, Pakistan, Polen, Schottland und Schweden.

Antigorit kommt auch auf Grönland, Am Olymp auf Zypern in Griechenland, in Neuseeland und in Sibirien vor. Ein deutsches Vorkommen ist der Harz.

Amesit findet man u.a. in Yakutien in Sibirien und in der Antarktis.

Vorkommen von Fraipontit sind in Vielle Montagne (Altenberg) in Belgien, in Yorkshire in England, in Midglamorgan in Wales, auf der griechischen Halbinsel  Attika und in Tsumeb in Namibia

Kronstedtit findet man in Tschechien und bei Salzburg in Österreich.

Nennenswerte europäische Vorkommen von Numeait gibt es auf der griech, Halbinsel Attika, in Letovice in Tschechien, in Cornwall und in England und selten bei Baldissero in Italien. Außerdem in Südafrika.

Lizardit findet man Sibirien und  in Deutschland bei Gerolstein in der Eifel.

Eines der wichtigsten Vorkommen von Edelserpentin in Europa ist die Gegend in und um Bernstein im Burgenland in Österreich.

Verwendung:

Verschiedene Serpentine werden zu Kunstgegenständen, Gefäßen und Dekorationsgegenständen verarbeitet. Auch Schmucksteine mit Cabochon-Schliff werden aus Williamsit, aber auch anderen Serpentinen  hergestellt.
Die Serpentin-Varietät  Chrysotil wird als Asbest abgebaut. Da die feine Faser spinnbar und nicht  brennbar noch schmelzbar ist, findet Faserserpentin in der Feuerfest-Industrie vielfache Einsatzmöglichkeiten. Als Isolationsmaterial wird es in der Wärme- und Elektrotechnik verwendet und im Baugewerbe als Asbestplatte und Asbestzement. Das Material geriet allerdings durch seine krebserregende Eigenschaft in Verruf. Asbest wird auch als Filtermaterial verwendet.

Numeait ist ein wichtiges Nickelerz