Die kristallinen Strukturen der Silikate
Da Silizium und Sauerstoff die häufigsten Elemente und Siliziumdioxid (SiO2) das häufigste Mineral der Erdkruste ist, soll hier näher auf die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten des Silikats eingegangen werden. Chemische Formeln der Silikate wirken selbst für den chemisch Bewanderten oft sehr kompliziert und abschreckend, da die Anzahl der in den Formeln angegebenen Atome oft sehr hoch ist. Da Silikate jedoch im Prinzip meist sehr einfach gebaut sind, soll im folgenden der Versuch unternommen werden, einen grundsätzlichen,und leicht faßbaren Eindruck vom Bau der Silikate zu vermitteln: Der Name Kieselsäure für Quarz spiegelt die Eigenschaften des Silikats sehr gut wieder. Die Formel H4SiO4 für Kieselsäure entspricht nämlich einem gut vorstellbaren Grundbaustein der Silikate, wenn man die Wasserstoffatome (H) wegläßt. Dieser Baustein besteht aus einer Pyramide, genaugenommen einem SiO44- -Tetraeder, bestehend aus einem zentralen Siliziumatom (Si) und 4 Ecken aus je einem Sauerstoffatom (O). Die Grundfläche ist ein gleichseitiges Dreieck und die Kanten sind alle gleich lang . An jeder Ecke kann ein beliebiges Atom anknüpfen. Im wesentlichen sind alle Silikate durch Aneinanderreihung dieser SiO4- Pyramiden aufgebaut. Man kann sich das Kristallgerüst des Quarz aus vielen solchen Pyramiden vorstellen.
Die amorphe Silikatstruktur
In der amorphen (griech. „ gestaltlos“) Struktur sind SiO4-Pyramiden regellos ohne jede Symmetrie an den Ecken miteinander verbunden. Fremdatome sind ebenso regellos integriert. Durch die vielfach auftretenden „verbogenen“ Bindungen treten Spannungen zwischen den Tetraedern auf. Um diese auszugleichen fließen die Atome im Laufe von Jahrtausenden zur ausgeglichenen Kristallstruktur zusammen. Deshalb bilden sich auf dem amorphen vulkanischen GesteinsGlas Obsidian weiße Flockenstrukturen. Es handelt sich dabei um auskristallisierte Stellen. Man spricht dann vom SchneeflockenObsidian. Insofern ist Glas auch in ungeschmolzenen Zustand eine Flüssigkeit, wenn diese auch sehr zäh ist.
Nadelsilikate
Hier sind mehrere SiO4- Pyramiden in Reihe miteinander verbunden. Jede Pyramide hat je ein Eckatom mit der vorhergehenden und der folgenden gemeinsam. Andere Atome begrenzen diese Reihe an den noch nicht verbundenen Ecken der Pramiden. Es entstehen also Silikat-Nadeln mit Fremdatomen auf deren Oberfläche. Fremdatome mit zwei oder mehreren Bindungsmöglichkeiten können mehrere Nadeln miteinander parallel verbinden, wie bei dem Pyroxen Augit.
Ringsilikate
Die Ringsilikate bestehen aus Ringen, die mithilfe von Fremdatomen räumlich miteinander verbundenen sind. Die Ringe können aus drei, oder sechs SiO4-Tetraedern bestehen. Aus dreien bestehen die Ringe des Scandiumsilikats Wollastonit, aus sechs Tetraedern sind die Ringe des Beryll aufgebaut.
Erweitert man den Ring der Ringsilikate in Reihe zu einem Ringband, wobei jeder Ring je zwei Pyramiden mit den Angrenzenden gemeinsam hat, so ergibt sich daraus die Bandstruktur. Andere Atome begrenzen dieses Band an den noch nicht verbundenen Ecken , oberhalb und unterhalb des Bandes oder verbinden mehrere solcher Bänder zu Bündeln. Auf diese Weise sind entstehen stengelförmige Kristalle, wie z.B. Hornblende oder Aktinolith.
Schicht- oder Blattsilikate (Phyllosilikate)
Erweitert man das Band der Bandsilikate an den Rändern mit weiteren Pyramiden zu einer Fläche, so gelangt man zur Struktur der Blattsilikate. Diese bestehen zusätzlich aus Oktaederschichten mit zenalen Aluminium und /oder Magnesiumionen. Die Ecken bestehen aus OH- -Ionen. In Zweischichtsilikaten wie Serpentin liegt jeweils eine Silikatschicht und eine Oktaederschicht aufeinander, die über die gemeinsamen Sauerstoffatome miteinander verbunden sind. In Dreischichtsilikaten wie die Glimmer Biotit und Muskowit liegt eine Oktaederschicht zwischen zwei Silikat-Tetraederschichten, ingesamt also liegen drei Schichten aufeinander. Es entstehen daher Strukturen in Form feiner Blättchen. Zweischichtsilikatblättchen werden lediglich durch schwache elektrostatische Kräfte (Van der Waals-Kräfte) zusammengehalten. Bei Dreischichtsilikatenblättchen sind dies Ionenverbindungen. Beim Zweischichtsilikat Chrysotil, einer Varietät des Serpentin passt das Kristallgitter der Silikatschicht nicht zwanglos auf die Oktaederschicht. Es treten dabei Spannungen auf, die durch ein Einrollen der biegsamen Blättchen zu Röllchen ausgeglichen werden, vergleichbar mit dem Verbiegen eines Bimetallstreifens bei Erhitzung. Chrysotil erscheint daher in Form feiner dicht aneinanderhängender Fasern, die leicht voneinander trennbar sind. Das Mineral ist besser unter dem Namen Asbest bekannt. Die Faser ist sogar spinnbar und nicht brennbar. Aus ihr werden daher u.a. feuerfeste Textilien hergestellt.
Gerüstsilikate
Erweitert man die Schichtstruktur der Blattsilikate räumlich nach oben und unten durch weiteren Anbau von SiO4-Pyramiden, so gelangt man zum Gerüstsilikat. Dies ist die Struktur des reinen Quarz mit perfekter Kristallstruktur, die Struktur des Berkristalls. Die Summenformel des reinen Bergkristalls wird mit SiO2 angegeben. Das liegt daran, daß die im Kristall verbundenen Tetraeder gemeinsame Ecken besitzen, jedem Silizium- Atom also nur 2 eigene Sauerstoffatome zuzuorden sind. Auf jedes Siliziumatom fallen also in der Gesamtformel nur 2 Sauerstoffatome, deswegen SiO2. Weitere Gerüstsilikate sind z.B. Feldspäte und Zeolithe. Sie beinhalten einige der Hauptelemente der Erdkruste, Aluminium, Magnesium, Natrium und Calcium. Siliziumatome werden im Kristallgitter häufig durch die dreiwertigen Aluminiumatome ersetzt.
Inselsilikate
Die Kristallstruktur der Inselsilikate ist der, der Gerüstsilikate sehr ähnlich. Im Kristall enthaltene einzelne SiO4-Pyramiden werden hier allerdings durch Fremdatome vollkommen voneinander abgetrennt und über diese wieder mit SiO4-Pyramiden verknüpft. Die Tetraeder besitzen also keine gemeinsamen Ecken mehr. Bei Olivin geschieht die Verknüpfung durch Eisen und Magnesium. Im Granat durch Magnesium und Aluminium. Im Zirkon durch Zirkonium. Ü6 Gruppensilikate Der Aufbau der Gruppensilikate ähnelt prinzipiell dem der Inselsilikate Bei Gruppensilikaten werden jeweils zu Zweiergruppen verbundene Pyramiden die eine gemeinsame Ecke besitzen durch Fremdatome isoliert und gleichzeitig verbunden. Ein Beispiel ist der Thortveitit.